BUND Kreisgruppe Göttingen

23. Genussfahrt Naturmilchhof Gartetal

Am Samstag den 8. September führte die 23. Göttinger Genussfahrt uns zum Naturmilchhof Gartetal. Dabei handelte es sich gewissermaßen um ein Jubiläum: 2011 hatte unsere allererste Genussfahrt ebenfalls den in Diemarden gelegenen Hof zum Ziel.

Der seit 1994 Bio-zertifizierten Hof wird mit derzeit rund 100 Milchkühen bewirtschaftet. Nach unserem letzten Besuch hat sich einiges getan: Unter anderem wurde eine Biogasanlage in Betrieb genommen, die nur mit der Gülle der eigenen Kühe betrieben wird. Sie produziert im Jahresdurchschnitt mehr Strom als der gesamte Betrieb inkl. Milchverarbeitungsanlage verbraucht. So hat sich die Investition in die nachhaltige Anlage auch bereits nach 7 Jahren rentiert.

Im Stall zeigte uns Herr Füllgrabe, dass die Milchkuh-Kälber zusammen mit den Muttertieren in der Herde aufwachsen dürfen. Den Umstand, dass er die männlichen Kälber dennoch schon nach dem ersten Lebenstag von ihren Müttern trennen und weiterverkaufen muss, bedauert er: „Das ist die Schattenseite der Milchproduktion - es fallen Kälber an, die nicht behalten werden können.“ Aus diesem Grund hat Familie Füllgrabe mögliche Veränderungen vor Augen: Derzeit prüfen sie die Option, den Betrieb auf Hafermilchproduktion umzustellen. Allerdings würde das dazu führen, dass als Weide genutzte Dauergrünlandflächen umgebrochen werden müssen - und damit ein artenreiches Ökosystem wegfallen würden, das einen hohen Wert für den Naturschutz hat. Dem würden die Füllgrabes dann gegebenenfalls entgegenwirken, indem sie einige Milchkühe für die Käseproduktion behielten.

Auch im Bereich des Vertriebs ist der Naturmilchhof Gartetal innovativ, wie uns Frau Füllgrabe erläuterte: Der Betrieb arbeitet vollständig mit einem Direktvermarktungs-Mehrwegsystem. Neben der Option der Haus-Lieferung können die Kunden App-gesteuert im hofeigenen SB-Laden einkaufen oder die Waren persönlich bei Familie Füllgrabe abholen. Daneben bietet auch ein nahegelegener Supermarkt einige Produkte an.

Durch die Direktvermarktung kann sich der Naturmilchhof Gartetal in einem landwirtschaftspolitischen Klima behaupten, in welchem vor allem Ertragssteigerung und Flächenwachstum Gewinn bringen. Familie Füllgrabe möchte sich diesem System entgegenstellen und denkt eher über eine Betriebsverkleinerung nach. Mit ihrer alternativen Wirtschafts- und Vermarktungsstrategien möchte sie einen Beitrag zur Erhaltung der Vielfalt in der Landwirtschaft leisten. Auch den Azubis des Betriebes geben die Hofbetreiber ihre Werte und Überzeugungen mit auf den Weg.

Zum Abschluss der Genussfahrt konnten wir uns natürlich noch von der Qualität und Vielfalt der hofeigenen Produkte überzeugen: Das Buffet mit Vorzugsmilch, Joghurt und weiteren Köstlichkeiten lies keine Wünsche offenen. Für die Produktion von frischer Butter wurden wir sogleich selbst eingespannt. Das Highlight war jedoch ein Raclette von hofeigenem Käse, welches regen Anklang bei den Genussfahrtteilnehmenden fand. Aber auch bei Speis und Trank wurde weiter rege über Chancen und Fallstricke der nachhaltigen Landwirtschaft diskutiert.


22. Genussfahrt Milchviehhof Timmermann

Am Samstag, den 09.03.2019 ging es zum Milchviehhof Timmermann. Wir starteten an der 2016 eröffneten Milchtankstelle. Die breite Palette angebotener Produkte ließ schon erahnen: Hier steckt mehr hinter als Milchproduktion. Neben der Abfüllstation für Rohmilch, von den wenige Hundert Meter entfernt lebenden Kühe, werden etwa Eier und Käse angeboten.

Beim Hühnermobil werden wir von 2 Ziegen überrascht. „Herdenschutzziegen“, denn nach einigen Tierverlusten schrecken sie nun erfolgreich Habichte und andere Raubtiere ab. Die Hühner hingegen tummeln sich gern bei ihren Freilaufgenossen und gehen beim Dunkeln zurück in ihren mobilen Stall. Alle 2 Wochen etwa wechselt das Mobil samt Bewohnern seinen Standort. Die Eier werden ausschließlich direkt über die Milchtankstelle vermarktet. So bleibt der Arbeits- und Transportaufwand gering und die Eier kommen frisch zum Verbraucher.

Im Laufstall bei den Kühen geht es gemächlicher zu. Kauend wird hier zwischen Futter- und Liegeplatz gewechselt. Wenn die Witterung es zulässt, geht es auch zum Weidegang. Hochträchtige Tiere werden in Kleingruppen separiert, um die neu geborenen Kälber zu schützen, bevor diese für 2 Wochen ins Kälberdorf und anschließend in eine WG mit gemeinsamem Kälberiglu ziehen. 3% der Milch werden über die Milchtankstelle vermarktet, der Rest wird an einen großen Molkereibetrieb verkauft. Zu einer (direkten) Vermarktung über Läden in und um Göttingen fehlen Verarbeitungsstrukturen.

Unsere Fahrt zeigt, dass sich auf dem Hof Timmermann noch einiges tun soll. Als Junglandwirt hat Jens Timmermann den Betrieb 2 Jahre zuvor übernommen und will ihn nun Stück für Stück seinen Ideen anpassen. Hühnermobil und Kälberiglu sind der Anfang, bei den Kühen etwa soll der Laufstall verbessert werden. Das extreme Wetter 2018 zwang ihn jedoch dazu, die Umbaumaßnahmen zurückzustellen. In einer Umstellung auf Bio sieht Timmermann ebenfalls einige Vorteile.